Die Heimat der
Oldenkotts ist das holländisch-deutsche Grenzgebiet bei Vreden in Westfalen.
Bis heute gibt es dort einen kleinen Ort, der „Oldenkott“ heißt. In Vreden
stellten Oldenkotts Bürgermeister und Pfarrer.
Urkundlich
nachgewiesen ist, dass 1720 ein Theodorus Oldenkott Maria Sebilla Snel, eine
Holländerin aus Goor, heiratete. Ein Sohn aus dieser Ehe, Hermanus Antonius
Oldenkott (*1730, +1792) wanderte 1760 im Alter von 30 Jahren von Vreden nach
Amsterdam aus und gründete dort eine Tabakfabrik, die schnell wuchs und einen guten
Ruf bekam.
1763 heiratete auch
Hermanus eine Holländerin, Johanna Maria Lansingh.
Nach seinem Tod im
Jahr 1792 führte seine Witwe mit ihren fünf Söhnen (Johannes Hermanus,
Theodorus Franciscus, Franciscus Josephus, Bernardus Gerhardus und Hermanus Athanasius)
die Firma unter dem Namen „Herman’s Oldenkott en Zoonen“ fort. Das Ansehen der
Firma nahm von Jahr zu Jahr zu.
Der „Oldenkott“-Tabak
wurde in besonderen Packungen berühmt. Hermanus Athanasius Oldenkott (*1787,
+1836), der Jüngste der fünf Brüder, gründete am 10. Oktober 1819 er eine
Zweigniederlassung in Ahaus. Fachwissen und Weltkenntnisse (er hatte drei Jahre
in Amerika gelebt) standen ihm ausreichend zur Verfügung. Noch im Gründungsjahr
mietete er das fürstbischöfliche Schloss in Ahaus vom Fürsten Salm-Kyrburg und
begann in dessen Nordflügel eine Tabakfabrikation. Dazu brachte er die nötigen
Arbeiter teils aus Holland mit und teils nahm er sie aus den hiesigen
Einwohnern.
1829 kaufte Hermanus
Athanasius Oldenkott zu einem Preis von 4635 Talern das gesamte Schloss mit den
umliegenden Parkanlagen vom Fürsten Salm-Salm. Schloss Ahaus wurde nun
Familiensitz und Heimat für fünf Generationen Oldenkott. Die unter dem
deutschen Namen „Herm’s Oldenkott & Söhne“ firmierende Niederlassung in
Ahaus sollte bald dem Stammhaus in Amsterdam ebenbürtig sein.
Da Herman
unverheiratet geblieben war, übernahm nach seinem Tod im Jahre 1836 sein Neffe
Jacobus Bernardus Oldenkott (*1815 in Amsterdam, +1853 auf der Durchreise in
Vreden) die Leitung des Ahauser Unternehmens. Jacobus Bernardus war es auch,
dem es gelang, die noch nicht erworbenen restlichen Teile des Schlossgartens
aufzukaufen und zu einem noch heute bestehenden einheitlichem Ganzen
zusammenzufügen.
Dem Firmenchef
Jacobus Bernardus folgte 1853 sein Bruder Theodorus Franciscus Oldenkott (*1823
in Amsterdam, +1905 in Ahaus).
Bis zum Jahre 1855
stand diesem sein unverheiratet gebliebener Vetter gleichen Namens (* 1823 in
Amsterdam, +1855 in Ahaus) zur Seite. Theodorus Franciscus war ein Enkel von
Hermanus Antonius Oldenkott, dem Gründer der Firma in Amsterdam. Er hatte sich
schon früh in der Welt umgesehen, war in Köln, Bremen und Brüssel tätig gewesen
und bereiste später Palästina.
Im Jahr 1872 führte
er die ersten Schneidemaschinen mit Göpelbetrieb ein. Unter ihm wuchs das
Geschäft weiter. Die Rauchtabake sorgten für einen weit über die Grenzen
Westfalens hinausreichenden Ruf. Auch die Firma in Amsterdam ging ihren Weg.
Von 1836 bis 1870 war
Antonius Bernardus Johannes Oldenkott (*1813, +1873) ihr Chef. Er ließ seinen
Ahauser Vettern Jacobus Bernardus und Theodorus Franciscus vollkommen freie
Hand und kam nur alljährlich zu den üblichen Geschäftsreisen nach
Preußen-Deutschland.
Ihm folgte bis 1873
sein Vetter Everhardus Hugo Sterneberg, anschließend dessen Bruder Julius
Wilhelm Sterneberg.
Nach dem Tod von
Julius Wilhelm Sterneberg 1880 übernahm Jacobus Bernardus Oldenkott (*1853
Ahaus, +1926 in Ahaus), ein Sohn von Theodor Franciscus Oldenkott, das
Amsterdamer Unternehmen.
1887 berief Theodor
Franciscus seinen Sohn Jacobus Bernardus zurück nach Ahaus und machte ihn zum
Chef der Ahauser Firma. Theodor Franciscus hatte volle 33 Jahre an der Spitze
des Unternehmens gestanden. Für das Ahauser Unternehmen hatte Jacob Bernard inzwischen
große Tabakspeicher in Bulgarien und in der Türkei errichtet.
In Ahaus gründete er
um 1895 zusätzlich eine Zigarrenfabrik und ersetzte auch die ganze Handarbeit
in der Tabakfabrikation durch maschinelle. Alle Oldenkotts in Ahaus blieben das
ganze 19. Jahrhundert hindurch holländische Staatsangehörige. Erst nach Theodorus
Franciscus Oldenkotts Tod 1905 erwarben sein Sohn Jacobus Bernardus und dessen
Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit.
1911 gründete er in
Württemberg eine Filial-Zigarrenfabrik und eine Rauchtabak-Versandstelle, deren
Leitung er seinem jüngeren Sohn Paul Oldenkott (*1889 in Ahaus, +1965 in Ahaus)
übertrug.
1912 entstand in Hagen in Westfalen eine
zweite Filiale unter dem Namen „West- deutsche Zigarettenfabrik Theodor
Oldenkott Act.-Ges.“, die Jacobus Bernardus seinem ältesten Sohn Theo
Oldenkott(*1887 in Ahaus, +1916 in Douaumont bei Verdun) anvertraute.
Am 10. Oktober 1919
feierte die Ahauser Firma den Tag ihres hundertjährigen Bestehens in
Deutschland. An diesem Tag nahm Jakob Bernard seinen Sohn Paul und den
Schwiegersohn Josef Bartmann-Oldenkott als Teilhaber in das Unternehmen auf.
Josef Bartmann-Oldenkott übernahm danach die Leitung eines in Neuss errichteten
Tochterunternehmens für die Produktion von Zigaretten.
Herm’s Oldenkott
& Söhne Ahaus war bis zur Gründung der ersten Industriebetriebe in den 80er
Jahren des 19. Jahrhunderts der einzige große Arbeitgeber der Stadt Ahaus. In
ihrer Jubiläumsschrift rühmt die Firma Oldenkott das gute Verhältnis der
Arbeiter der Fabrik zu ihren Herren und weist darauf hin, daß 13 Arbeiter ihr
50jähriges Jubiläum „bei den Oldenkott“ feiern konnten. Die Beziehungen
zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern seien nie getrübt worden. Das sei ein
stolzes Ehrenzeugnis für die Firma.
Zur Zeit des
Jubiläums hatte sich die Firma noch nicht von den Auswirkungen des im
vorangegangenen Jahr beendeten Weltkrieges und den Wirren, die danach folgten,
erholt. Zwar war zu Beginn des Krieges der Verbrauch von Tabak und Zigarren
mehr als früher gestiegen, aber schon bald hatte sich die stockende Zufuhr von
Rohtabak aus dem Ausland und die deswegen von staatlicher Seite angeordnete
Kontingentierung um die Hälfte verringert.
Veränderte
Rauchergewohnheiten, eine zu kleine Kapitaldecke, starker Konkurrenzdruck und
auch familiäre Streitigkeiten führten 1924 zur Einstellung der
Zigaretten-Produktion in Neuss. Das Ahauser Unternehmen war von den Verlusten
in Neuss mitbetroffen, blieb aber auch von dem Rückgang des Pfeifenrauchens und
der allgemeinen schlechten Wirtschaftslage nicht verschont.
Das zwang im Jahr
1929 auch zur Stilllegung des Betriebes in Ahaus und dem Verkauf an die Firma
Henric’s Oldenkott senior & Comp. in Rees.
Schloss Ahaus blieb
jedoch bis 1945 Wohnsitz der Familie Oldenkott. Schwere Angriffe der Alliierten
gegen Ende des Zweiten Weltkrieges führten im März 1945 zur weitgehenden
Zerstörung der Innenstadt von Ahaus. Auch Schloss Ahaus wurde von Brand- und
Sprengbomben schwer getroffen. Im Jahre 1953 wurde die dem Schloss vorgelagerte
"Schlossfreiheit" zu Ehren der Verdienste der Familie um die Stadt
Ahaus und um das Schloss in "Bernardus-Oldenkott-Platz" umbenannt.
(Quelle: Ahauser
Heimatbrief 2013, Heft 15)